Kompakt: Die skandalöse Schließung des Traditionsgymnasiums auf der Insel Nonnenwerth

Das Gymnasium Nonnenwerth war weit über das Rheinland hinaus bekannt. Auf der gleichnamigen Rheininsel hatten die Schwestern des dort beheimateten Franziskanerinnen-Ordens bereits 1854 eine Schule errichtet und diese bis ins Jahr 2020 betrieben. Generationen von Schülerinnen und Schülern bekamen hier exzellente Bildung und eine auf den franziskanischen Werten fußende Erziehung vermittelt. Als staatlich anerkannte Ergänzungsschule stand sie allen Schülerinnen und Schülern unabhängig vom elterlichen Geldbeutel offen und wurde durch Landesmittel gefördert.

Im Januar 2020 gaben die Schwestern von Nonnenwerth dann bekannt: Insel und Schule werden verkauft – an den US-amerikanischen Investor Peter Soliman, der in Neuss eine teure private Ersatzschule betreibt, und seine Objektgesellschaft Meerbusch, die sich auf den Handel mit historischen Immobilien spezialisiert hat.

Durch die Übernahme werde die Zukunft der Schule langfristig gesichert, betonten Soliman und die Schwestern von Nonnenwerth; an der Struktur des Gymnasiums und den zugrundeliegenden Werten werde sich nichts ändern.

Nicht einmal ein Schuljahr nach der offiziellen Übernahme der Trägerschaft im August 2020 informiert der neue Eigentümer Anfang Juni 2021 Schulgemeinschaft und Öffentlichkeit über angebliche erhebliche brandschutztechnische Mängel, für deren Behebung Summen von 8-20 Millionen Euro notwendig wären. Ein unabhängiges Brandschutzgutachten wird nie erstellt, auch wenn die Elternvertretung und der Verein zum Erhalt der Schule dies mehrfach anbieten.

In einem Immobilien-Exposé wird das Gebäude des Gymnasiums Nonnenwerth für Luxusimmobilien-Projekte „entmietet“ angeboten.

Die Schulgemeinschaft hält zusammen, demonstriert und kämpft für den Erhalt ihrer Schule. Prominente wie z.B. der Enthüllungsjournalist Günter Wallraff setzen sich für den Erhalt der Schule ein. Eltern gründen den Verein „Rettet Nonnenwerth e.V.“ , der Spendengelder sammelt und finanziell potente Investoren findet, die zur Übernahme der Schulträgerschaft und zum Erwerb der Insel bereit sind. Doch der neue Eigentümer lehnt Gespräche darüber ab. Allerdings wird das Exposé eines Kölner Immobilienmaklers publik, das bereits im Frühjahr 2021 erstellt wurde. In diesem werden die Gebäude auf der Insel Nonnenwerth „entmietet“ angeboten, um dort Projekte mit Luxuswohnungen zu realisieren. Peter Soliman erklärt, damit habe er nichts zu tun.

Die dubiosen Vorgänge rund um die vom Eigentümer angekündigte Schulschließung werden bundesweit Thema in den Medien.

Dann im November 2021 verkündet Soliman die Schulschließung zum Schuljahresende und kündigt den angestellten Lehrerinnen und Lehrern. Trotzdem kämpft die Schulgemeinschaft weiter und erarbeitet Lösungen zum Erhalt der Schule. Doch weiterhin findet sie kein Gehör beim neuen Eigentümer und keinerlei Unterstützung vom Land oder der Schulaufsichtsbehörde. Stattdessen lässt der neue Eigentümer Schülerinnen und Schüler sowie die Lehrkräfte auf der Insel mit Security-Kräften überwachen; zeitweise werden Wachhunde eingesetzt. Der Nonnenwerther Schulleiterin Andrea Monreal – einer Landesbeamten – erteilt Soliman Hausverbot. Auch Eltern – oder wie es heißt: „schulfremden“ Personen – wird das Betreten der Insel verboten. Die feierliche Vergabe der Abiturzeugnisse an den letzten Nonnenwerther Abiturjahrgang kann daher nicht auf der Insel stattfinden.

Demoonstration von ca. 700 Schüler*innen, Eltern und Ehemaligen am 3. November 2021 auf der B9 in Rolandswerth.

Der große Kampf der Schulgemeinschaft wird nicht belohnt. Nachdem Peter Soliman alle Angebote, die Schule zu erhalten, abgelehnt hat, endet am 15. Juli 2022 die annähernd 170-jährige Schultradition auf der Rheininsel Nonnenwerth. Am letzten Schultag fährt der neue Eigentümer über 60 Sicherheitskräfte auf, die die Schülerinnen und Schüler im Auge behalten.

Gymnasium Nonnenwerth zu Grabe getragen
Letzter Schultag am Franziskus Gymnasium Nonnenwerth am 15.07.2022

Nachdem über 100 Schülerinnen und Schüler aus Sorge um ihre schulische Zukunft die Schulgemeinschaft bereits während des Schuljahres verlassen hatten, mussten sich nun auch die verbliebenen ca. 500 Kinder und Jugendliche eine neue Schule suchen, ebenso wie die ca. 70 Lehrkräfte und Hausangestellten. Und das in einer Situation, in der viele Schulen im benachbarten Ahrtal nach der Hochwasserkatastrophe vom Sommer 2021 noch zerstört sind.

Was mit dem Schulgebäude, in das in den vergangenen Jahren hohe Summen Landesförderung geflossen sind, geschehen wird, ist noch nicht bekannt. Eigentümer Peter Soliman fabulierte in einem Zeitungsinterview mit dem Bonner General-Anzeiger davon, es auch „100 Jahre“ leerstehen lassen zu können.

Detaillierte Informationen zu den Geschehnissen finden Sie in der >>> Zeitleiste

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