Römerstadt ohne Lateinschüler – Welterbestadt Remagen ohne ein Gymnasium. Offener Brief des Nonnenwerther Betriebsrats an Bildungsministerin Hubig

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An die Ministerin für Bildung des Landes Rheinland-Pfalz Frau Dr. Stefanie Hubig
Ministerium für Bildung
Mittlere Bleiche 61
55116 Mainz

Römerstadt ohne Lateinschüler – Welterbe-Stadt Remagen ohne ein Gymnasium

Sehr geehrte Frau Ministerin Dr. Hubig,

Rigomagus als Teil des Niedergermanischen Limes – herzlichen Glückwunsch!

Die Schulgemeinschaft von Nonnenwerth beglückwünscht das Land Rheinland-Pfalz und die Stadt Remagen zur feierlichen Verleihung der Welterbeurkunde. Das ist eine Belohnung Ihrer vielfältigen Bemühungen und wird sicherlich den touristischen Wert des Landes und der Stadt fördern. Auch das bevorstehende Römerspektakel in Remagen wird als bedeutendes Ereignis im kollektiven Gedächtnis der Stadtgeschichte bleiben. Wir wünschen der Stadt, dass dieses ihrer Entwicklung förderlich sein wird.

Sie werden wissen, dass ein Gymnasium durchaus ein Standortfaktor für die Ansiedlung von Firmen und von Neubürgerinnen und -bürgern in einer Region ist, gerade im eher strukturschwachen Norden an der Landesgrenze. Wir wissen, dass der Stadt Remagen und den Mitgliedern des Stadtrates wie auch dem Kreis Ahrweiler viel am Weiterbestehen unseres Franziskus Gymnasiums auf Nonnenwerth gelegen ist. Herr Bürgermeister Ingendahl und Frau Landrätin Weigand haben sich sehr deutlich für den Fortbestand ausgesprochen, sich dankenswerterweise klar positioniert und vielfach aktiv geholfen. Leider ist aber anscheinend noch immer nicht allen politisch Verantwortlichen im Land Rheinland-Pfalz klar, dass die Stadt Remagen ab 1. August dieses Jahres zwar Welterbe-Stadt sein wird, aber kein Gymnasium als weiterführende Schule mehr in ihren Stadtgrenzen haben wird. Dieses wird nämlich zum 31. Juli geschlossen.

Der Bildungsstandort Remagen wird massiv geschwächt – und was machen die politisch Verantwortlichen des Landes? Sie schauen zu, zitieren sehr schnell das Privatschulgesetz („Da können wir leider nichts machen“), zucken mitleidvoll mit den Schultern, geben leise Worte des Bedauerns ab, stottern hilflos vor den Mitgliedern des Bildungsausschusses des Landtags und verlegen sich schnell auf die möglichst lautlose Abwicklung. Knicken denn alle für die Bildung im Land Verantwortlichen ein vor der Armee von teuren Anwaltskanzleien, die aufgefahren wird, um jeden Widerstand gegen die Schließung zu ersticken und um jede Form von adäquater Entschädigung herumzukommen? Die Gerichte lassen sich leider aus nicht nachvollziehbaren Gründen darauf ein, Kammertermine bis in die Zeit nach der Schließung zu vertagen – eine Revision des Todesurteils wird jetzt vielleicht erst nach der Exekution möglich sein. Eine seitens des Trägers versprochene „ordentliche und würdevolle“ Beendigung des laufenden Schuljahrs wird durch erhebliche Behinderungen des Schulbetriebs und eine zunehmende Vernachlässigung des Schulgebäudes konterkariert. Es gibt keine für einen funktionierenden Schulbetrieb notwendigen Sekretärinnen und Hausmeister mehr. Wie zum Hohn wurde dafür aber gerade in den Inselpark mit neuen Pflanzen für die Sommer- und Herbstsaison investiert.

Es ist müßig, an dieser Stelle zum wiederholten Male alle Fakten, die zu dieser unfassbaren Situation geführt haben, aufzuzählen. Fest steht eins: Etwa 50 Arbeitsplätze werden eiskalt geopfert – ohne Perspektive auf Weiterbeschäftigung. Die Schullaufbahn von fast 500 Schülerinnen und Schülern erfährt einen psychisch belastenden Knick durch einen völlig unnötigen Schulwechsel. Und dies alles auf Grundlage einer Unternehmerentscheidung, die allein auf einem fragwürdigen Brandschutzgutachten basiert, das die Kreisverwaltung Ahrweiler dienstbeflissen (oder ängstlich) unter Verschluss hält. Und nicht zu vergessen die merkwürdige Entscheidung der Ordensgeschäftsführung, den Immobilienverkauf ohne Zusicherung des Fortbestands der Schule zu gestalten.

Wie mögen es wohl die Bewohner des römischen Rigomagus formuliert haben? „Pecunia non olet“?

Spätestens als kürzlich eine Bundestagsabgeordnete nach drei Monaten eine unbefriedigende Antwort auf ihre Anfrage an die Staatskanzlei erhalten hatte und man dies mit „Problemen bei der internen Kommunikation“ entschuldigte, wurde deutlich, wie wenig Sie sich scheinbar für diesen Fall von völliger Missachtung der Sozialverpflichtung von Eigentum seitens eines als Schulträger agierenden Immobilieninvestors interessieren. Man werde den Prozess konstruktiv begleiten, hieß es – Entschuldigung Frau Ministerin, wir können diese leere und feige Floskel nicht mehr hören! Die Reaktionen des Bildungsministeriums und der Staatskanzlei waren bisher und sind leider immer noch (drei Monate vor der angekündigten Schließung) ein unerhörter politischer Skandal! Fragen Sie sich bitte selber, was unsere Schülerinnen und Schüler daraus lernen werden.

Die derzeitige Situation ist völlig außergewöhnlich: Noch nie ist die Übergabe der Trägerschaft einer funktionierenden Schule so misslungen. Eine solch außergewöhnliche Situation erfordert nun auch von Ihnen als der politischen Exekutive des Landes kein peinliches Schweigen, wie wir es von der Ordensleitung leider erfahren haben, kein „Das haben wir noch nie gemacht“ oder ein „konstruktives Begleiten“ der Schließung. Es ist höchste Zeit für außergewöhnliche Maßnahmen und wir, die Schulgemeinschaft von Nonnenwerth, warten darauf!

Wie wäre es zum Beispiel mit einer Landesbürgschaft für einen interessierten Träger? Statten Sie ihn mit dem notwendigen Rüstzeug aus, damit der jetzige Eigentümer nicht, wie mehrmals in der Vergangenheit geschehen, behaupten kann, er habe ja kein valides Angebot erhalten. Auf diese Weise könnten Sie auch in der Öffentlichkeit ein deutliches Zeichen setzen: für die Zukunft des Franziskus Gymnasiums auf Nonnenwerth und nicht zuletzt für den Bildungs- und Wirtschaftsstandort Remagen im nördlichen Rheinland-Pfalz. Aber bedenken Sie bitte: Es ist nicht mehr viel Zeit!

Mit freundlichen Grüßen

Im Namen des Kollegiums des Franziskus Gymnasiums

Der Betriebsrat der Privates Gymnasium Nonnenwerth gGmbH

Franz-Josef Wallmeier, Vorsitzender

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